Corona ist inzwischen weit mehr geworden als eine Pandemie. Natürlich ist der Virus nach wie vor eine massive Bedrohung der Gesundheit von jedem von uns – ob sich die, die die akute Erkrankung überwunden haben, 100% sicher fühlen dürfen, ist nicht geklärt – und für unser Gesundheitssystem. Aber inzwischen hat das Virus zwei Lebensbereiche erreicht, die genauso existenziell für uns sind, die Wirtschaft und die Grundrechte. Und bedauerlicherweise mehren sich die Versuche Gesundheit, Wirtschaft und Grundrechte gegeneinander in Stellung zu bringen. Arbeitsplätze vs. Krankenbetten. Redefreiheit vs. Maskenpflicht. So und so ähnlich lauten die überspitzten Konfliktlinien. Ob diese von starken Einzelinteressen, außergewöhnlichen Weltsichten oder durch Zuspitzungen aus echter Sorge motiviert sind, soll gar nicht mein Thema sein. Ich persönlich bin der Überzeugung, dass wir zusammen an einem lebenswerten „Neuen Normal“ arbeiten müssen, und dass in diesem neuen Normal Gesundheitsfürsorge, gutes Auskommen für alle und universelle Menschenrechte kein Widerspruch, sondern viel mehr die sich ergänzende Basis von allem sind.
Gesundheit gegen Arbeitsplätze und gegen Grundrechte ausspielen?
Nun bin ich kein Epidemiologe und kein Verfassungsjurist, ich bin Unternehmer und Experte für Kommunikation. Und ich möchte erneut darauf hinweisen, dass so existentielle soziale Veränderungen, wie sie sich zurzeit ereignen, nur mit guter Kommunikation gelingen können. In den Diskussionen, ob im privaten Kreis, in den Talkshows oder bei Entscheidern rückt der Begriff des Vertrauens ins Zentrum bzw. sein Fehlen. Vertrauen in die Politik, in die Kompetenz der Mediziner und Wissenschaftler. Vertrauen als Basis der Wirtschaft. Im Großen für die Zuversicht der Einkäufer, Investoren und Börsen, im Kleinen Vertrauen, dass ich morgen noch ein Einkommen habe und dass die Sicherheitskonzepte in den Geschäften durchdacht und nutzbringend sind, ich mir also mehr als das unbedingt notwendige leisten kann und darf.
Nur aus echter Kommunikation entsteht Vertrauen
Aber Vertrauen entsteht nicht aus dem Nichts, Vertrauen kann nicht eingefordert oder verordnet werden. Vertrauen ist nicht – wie ein Werbespruch der 90er uns glauben machen wollte – der Anfang von allem. Vertrauen wächst aus Kommunikation. Schon das sogenannte kindliche Urvertrauen entsteht aus der Interaktion mit der Mutter und der sozialen Kleingruppe der frühesten Lebensphasen.
Und Kommunikation, darunter verstehe ich gute, gelingende Kommunikation und nicht bloß halbherzige, unreflektierte Versuche. Reden ist nicht gleich Kommunikation. Ein wesentlicher Teil von Kommunikation besteht aus Zuhören und dem aufrichtigen Versuch sein Gegenüber zu verstehen. Das hab ich an anderer Stelle ausführlicher und wissenschaftlicher ausgeführt. [Link]
Gute Kommunikation: Geduldig zuhören und gleichzeitig die eigene Geschichte immer neu erzählen
Der Abbruch von Kommunikationsversuchen sollte wirklich nur das letzte Mittel sein, als Mittel des Selbstschutzes vor Unerreichbaren und Unbelehrbaren. Aber viel zu oft geben wir zu früh auf, und verschanzen uns hinter unseren Überzeugungen. Das mag in ruhigen, stabilen Zeiten bequem und lebenswert sein, aber in Zeiten großer Verunsicherung und Veränderung müssen wir offen für andere Denkweisen und Meinungen bleiben. Natürlich ist das teilweise beängstigend und scheint contra-intuitiv als Mittel Unsicherheit zu bekämpfen. Aber es gilt: hören Sie hartnäckig zu, um zu verstehen, was Ihren Gegenüber umtreibt.
Und umgekehrt, wenn Sie mit Ihrer Meinung andere Erreichen wollen, gilt: einmal ist kein Mal. Zeigen Sie auch hier Geduld. Wiederholung ist die Mutter des Wissens. Wobei permanente Wiederholung bloß mit wachsender Lautstärke in den seltensten Fällen das erfolgversprechende Mittel ist. Variieren Sie lieber das Medium, den Anlass und die Geschichte – aber nicht die Pointe. Das ist nicht einfach, das ist harte Arbeit, die Erfahrung und Ausbildung braucht. Vielen sogenannten Social Media Influencern und dem Mythos von „Du kannst nicht nicht-kommunizieren“ zum Trotz. Die wenigsten können erfolgreich kommunizieren. Lassen Sie sich helfen, von Profis.
Kommunikation praktisch: Einkaufen und Verkaufen in Zeiten von Corona.
Alles viel zu abstrakt, viel zu abgehoben? Also die gleiche Geschichte nochmal ganz anders, ganz einfach.
Sie haben ein kleines Ladengeschäft oder ein kleines Restaurant und möchten wieder aufmachen. Glauben Sie nicht, dass die vielen, unterschiedlichen, verwirrenden und häufig verkürzten Darstellungen in den Medien Ihre Kunden oder Ihre Mitarbeiter fitmachen für Kaufen und Verkaufen in Zeiten von Corona. Vogelstrauß in allen Varianten: nichts machen und abwarten oder einfach loslegen, es wird schon nicht so schlimm werden, wird Ihnen nicht helfen. Sie müssen kommunizieren, kommunizieren, kommunizieren, in allen zur Verfügung stehenden Medien und für alle Sinne.
1. Ihre Kunden müssen erfahren, dass Sie wieder aufhaben.
Das muss an Ihrem Laden stehen, deutlich und schon von weitem erkennbar. Sie müssen das aber auch über die Medien verbreiten, über Facebook und wenn Sie da auch schon bekannt sind Instagram. Ebenso deutlich wie auf Ihrem Schaufester, muss es auf Ihrer Webseite stehen. Aber das wird nicht reichen, denn es werden nicht genügend Menschen an Ihrem Schaufenster, Ihrem Facebook-Auftritt und Ihrer Webseite vorbeikommen. D.h. Sie müssen – so schwer es fällt in diesen angespannten Seiten – Geld in die Hand nehmen für Werbung. Da ist wieder Facebook nicht verkehrt. Aber gerade lokale Medien haben in den Krisenzeiten an Bedeutung gewonnen und mit der Anzeigenabteilung Ihrer lokalen Zeitung und Ihres lokalen Online-Portals werden Sie besser verhandeln können als mit Facebook. Setzen Sie auf einen Mix aus Online-Werbung und Zeitungswerbung, denn bei allen Vorteilen, die Online-Werbung hat, wer aktuell noch in die Tageszeitung schaut, kommt tendenziell auch eher direkt in Ihren Laden. Jetzt wissen Ihre Kunden, dass Sie wieder aufhaben. Aber Sie müssen noch zwei weitere Geschichten erzählen.
2. Es ist sicher und angenehm, bei Ihnen einzukaufen.
Gerade wenn Sie eher die schönen Dinge des Lebens verkaufen und nicht Seife, Schnitzel und Klopapier, reicht es nicht, wenn Sie erklären, dass und wie Sie die Hygieneregeln umsetzen. Das schafft noch keine gute Atmosphäre, da warte ich doch lieber noch ein bisschen mit dem Kauf der neuen Hose, des neuen Buchs und dem Ersatz für die eingegangene Topfpflanze. Oder noch schlimmer ich kaufe online. Da sind Sie, Ihr Team und natürliche Ihre Waren voll gefordert. In Ihrem Laden müssen Wege, Abstände und Maßnahmen deutlich sichtbar sein. Mehr hilft hier tatsächlich mehr. Schilder werden ergänzt durch Markierungen auf dem Boden, Regal stehen so, dass die Menschen automatisch geführt werden und Ihr Team gibt freundlich und aufmerksam Hinweise zu Desinfektionsmitteln, Abfalleimern und Masken. Wieder und immer wieder. Und all dies transportieren Sie gleichzeitig noch in die Medien.
3. Überdenken Sie Ihre Angebote und Ihren Service.
Liefern Sie Waren nach Hause, bauen Sie Ihren Online-Shop aus. Arbeiten Sie mit Ihren guten Kunden zusammen an Gründen, warum man bei Ihnen einkaufen soll. Hart gesagt, wird Mitleid mit dem gebeutelten, lokalen Einzelhandel dauerhaft als Verkaufsargument nicht ausreichen. Wer da vor der Krise schon weiter war, ist sicher im Vorteil, aber die Krise ist ein guter Anlass an Ihrem Angebot an Ihrer Positionierung zu arbeiten. Nutzen Sie den anfangs sicher schwächeren Besucherandrang und nehmen Sie sich viel Zeit für Beratung und einfach fürs Gespräch. Wer jetzt in Ihren Laden kommt, sucht die Nähe und den Austausch, das müssen Sie aufgreifen.Und auch hier gilt, Kommunikation besteht zu mindestens 50% aus Zuhören. Fragen Sie Ihre Kunden, was sie suchen und sich wünschen. Fragen Sie auch die Kunden, die nicht kommen, was sie gerne hätten. Schreiben Sie und Ihre Mitarbeiter persönliche E-Mails, rufen Sie die Kunden an oder hängen Sie sogar Fragen draußen an Ihr Schaufenster. Nutzen Sie die Zeit. Sie werden überrascht sein, was da an hilfreichen Antworten kommt.
4. Und fast das Wichtigste ist, tauschen Sie sich mit Ihren Mitarbeitern aus.
Ihre Mitarbeiter müssen enorm viel leisten. Sie müssen die Hygieneregeln sorgfältig, mit Verstand und Fröhlichkeit umsetzen. Nur wenn Ihr Team Einsicht in die wirtschaftliche Lage Ihres Unternehmens bekommt, kann es so mitarbeiten, dass Ihnen der Neustart gelingt. Seien Sie offen aber positiv. Wenn Sie das noch nicht sein können, holen Sie erst sich Hilfe an Ihre Seite. Und auch für die Kommunikation mit Ihren Mitarbeitern gilt die wichtigste Regel der Kommunikation: zuhören. Lassen Sie Ihre Mitarbeiter mit Ihren Sorgen und Ängsten zu Wort kommen. Sie werden es Ihnen danken. Selbstverständlich gilt bei der Mitarbeiterkommunikation einmal ist kein Mal. Halten Sie schriftlich fest, was Sie persönlich besprochen haben. Hängen Sie Regeln in Pausen und Gemeinschaftsräumen auf. Schicken Sie Ihren Mitarbeitern Dank und Aufmunterung per WhatsApp nach Hause.
Gelingende Kommunikation kommt vom Profi – und sie wird gefördert für alle Branchen
Das ist jetzt nur eine grobe Skizze des Corona-Kommunikations-Programms für einen Einzelhändler. Das Ganze gilt in abgewandelter Form natürlich auch für Industriebetriebe, Kneipen, Büroarbeiter, Kulturbetriebe, Lokalpolitiker, Behörden wie z.B. Gesundheitsämter u.v.m. Das alles hier auszubreiten würde den Rahmen sprengen. Aber das ist Teil meiner Profession, das mache ich seit vielen Jahren erfolgreich. Scheunen Sie sich nicht. Fragen Sie um Hilfe. Die gute Nachricht: Sie werden finanziell dabei nicht allein gelassen. Es gibt Fördergelder für die Unterstützung gerade auch für die Unterstützung in Ihrer Corona-Kommunikation. Nehmen Sie die Hilfe, nehmen Sie professionelle Unterstützung in Anspruch, das Ganze wird auch so noch schwer genug.
Warum ich Ihnen all das erzähle? Weil nur Kommunikation Vertrauen schaffen kann. Ich freue mich auf Ihre Kommentare und Fragen. Ihr Klaus M. Bernsau
„Wiederholung ist die Mutter des Wissens. Wobei permanente Wiederholung bloß mit wachsender Lautstärke in den seltensten Fällen das erfolgversprechende Mittel ist. Variieren Sie lieber das Medium, den Anlass und die Geschichte – aber nicht die Pointe. “
Dieses Motto prangt jetzt bei mir im Büro – genial!
Lieber Rainer Killian,
vielen Dank für die freundliche Rückmeldung. Freu mich über ein Foto, wenn das Motto im Büro hängt.
Weiter viel Energie und Erfolg in diesen herausfordernden Zeiten.
Klaus Bernsau