Kommunikation

Über die Wichtigkeit von Kommunikations-Management und -Theorie

Die verkannten Schwierigkeiten: Houston, wir haben ein Problem!

Immer lauter, immer wieder: das bringt doch nichts

Wenn man einen Treppenwitz des Marketing noch einmal missbrauchen darf, kann man eigentlich nur sagen, die Geschichte des Begriffes und des Verständnisses von Kommunikation ist eine Geschichte der Missverständnisse. Zwei ebenso einfache wie in ihrer Einfachheit ebenso falsche Aussagen prägen leider immer noch die Einstellung zum Thema Kommunikation in den Management-Etagen, Redaktionen und Wohnzimmern. Die erste ist die von den Mathematikern Shannon und Weaver populär gemachte Ansicht, menschliche Kommunikation könne mit dem Prozess der elektrotechnischen Signal-Übertragung zwischen Sender und Empfänger verglichen werden. Die zweite ist die gängige Interpretation des Aphorismus’ von Watzlawik, der lautet „Du kannst nicht nicht-kommunizieren“. Beide suggerieren, es würde irgendeine direkte Verbindung zwischen einem Organismus 1 mit Mitteilungsabsicht – gerne Sender genannt – und einem Organismus 2 – dann oft als Empfänger bezeichnet – bestehen, bloß weil Organismus 1 den Wunsch und die physische Möglichkeiten hat Organismus 2 zu beeinflussen. Der Glaube an die angenommene Zwangsverbindung, im ersten Fall der technische Kommunikations-Kanal und im zweiten Fall die metaphysische Verbindung durch Wahrnehmung und Nähe, ist verantwortlich für viele zentrale Phänomene der Kommunikationsindustrie, für riesige Werbeausgaben, für panikartige Krisen-PR oder für das ratlose Staunen über die Funktionsweise der sogenannten sozialen Medien. Sie ist aber auch verantwortlich dafür, dass für viele nach wie vor die einzige gesicherte Erkenntnis zum Kommunikationsmanagement die ist, dass ich zwar weiß, dass ich die Hälfte der Werbegelder zum Fenster rausschmeiße, ich nur nicht weiß welche. Alles Quatsch!

Keiner versteht Sie!

Wenn man sich von den absolut entgegengesetzten Annahmen, also einem „Keiner versteht mich“ oder „Du kannst nicht kommunizieren“, dem Thema nähern würde, hätte man für viele Fragen zur Kommunikation von Menschen und Organisationen schneller eine Antwort parat. Warum bringt der neue TV-Spot keine Umsatzsteigerung, obwohl er super getestet wurde? Warum erklärt der Außendienstmitarbeiter das neue Produkt schon wieder falsch, obwohl er den Empfang der Produkterklärung schriftlich quittiert hat? Und warum will Ihre 17jährige Tochter unbedingt nach Thailand fliegen, obwohl sie weder die Artikel im Reiseteil der FAZ noch die Berichte in Arte dazu beachtet? Weil es egal ist, was andere zu kommunizieren versuchen.

Schon lange vor der digitalen Pixel-Revolution: Unsere Welt ist ein Mosaik

Und diese für jeden modernen Manager frustrierende These kann mit einer langen Liste von Denkern aufwarten, die für ihre Richtigkeit sprechen. Schon das aristotelische Höhlengleichnis lehrt uns, dass wir nur verzerrte Schatten der Welt erkennen. Leibniz hielt den Menschen für eine von der Welt abgeschlossene Monade, aus der nichts hinaus und in die nichts hinein kommt. Der radikale Konstruktivismus von Maturana fand sogar biologische Belege für diese These. Organismen steuern sich selbst und die vermeintliche Außenwelt ist nur ein Selbst-Konstrukt. Physische Reize erreichen maximal als indirekte, deformierte Abdrücke die Innenhülle des abgeschlossenen Systems, das wir soziales Individuum nennen. Die Philosophen des Dekonstruktivismus machten sich einen Spaß daraus, jede noch so irrwitzige Bedeutung eines Textes als gleichwertig zu erklären: Ein Gesetz, das Ende einer Geschichte, Bauvorschriften – alles autoritärer Zwang. Und selbst die aktuelle Hirnforschung liefert Argumente für die These, der Mensch könne nicht von außen erreicht werden. Unser biologisches System führt Handlungen schon aus, bevor wir überhaupt glauben, die Wahlmöglichkeiten wahrzunehmen. Wir denken nicht, wir werden gedacht – Monadologie und Konstruktivismus in Reinform.

Alle Macht geht vom Hörer aus.

Aber halt! Bevor Sie jetzt frustriert oder erleichtert – je nach Einstellung – ihr Intranet abstellen, den Werbeetat streichen und Ihren Pressesprecher entlassen. Ganz so schlimm und aber auch ganz so einfach ist es nun doch nicht. Die Wahrheit liegt wie so oft irgendwo dazwischen. Es gibt gute Argumente – wenn auch keinen finalen Beweis – dafür, dass Menschen sich an anderen orientieren und dass Kommunikation zwischen ihnen funktionieren kann, d.h. zu Bewusstseins- und Verhaltensänderungen führt. Aber es geht dabei nicht darum als sogenannter Sender einem Empfänger gegen irgendwelche Widerstände mit List und Lautstärke eine Botschaft ins Ohr zu drücken. Alle Macht geht vom Hörer aus. Es gilt, um Watzlawik auch gleich zu rehabilitieren: „Sag mir, was Du verstanden hast, damit ich weiß, was ich gesagt habe.“ Der Kommunikationsprozess ist vielschichtiger, indirekter, dynamischer und langfristiger als es das Bild vom Sender-Empfänger suggeriert. Und professionelles Kommunikations-Management sowie fundierte Kommunikations-Theorie werden somit extrem wichtig für alle, die von Entscheidungen und vom Verhalten von Menschen abhängen und die sich nicht auf reinen Zufall bzw. das stochastische Gesetz der großen Zahl verlassen wollen.

Das Verstehen und das Steuern von Kommunikation ist möglich

Nach dem Schreckensszenario des ersten Abschnittes gilt es jetzt etwas Entwarnung zu geben. Verstehen ist möglich, aber auf keinen Fall eine Selbstverständlichkeit. Und Verständigung in der Kommunikation macht Arbeit, die man sogar körperlich spüren kann. Das KMB| Tangram-Experiment macht plastisch deutlich: selbst einfache, für selbstverständlich gehaltene Begriffe – oben, unten, Viereck, Dreieck – sind keineswegs unproblematisch. Und nur durch permanentes Interesse an der Rückmeldung seines Gegenübers kann es gelingen, die eigene Sicherheit über das Verstehen  zu erhöhen. Zudem merkt man schnell, dass nicht das stereotype Wiederholen der immer gleichen Aussagen den Kommunikationspartner unterstützt, sondern die Variation – eine ganz wichtige Lehre für das Thema Coporate Identity und Positionierung.

Ich sehe was, das Du nicht siehst

Der Bonner Kommunikationsforscher Gerold Ungeheuer hat diese wechselseitige Abhängigkeit und das Aushandeln von Bedeutungen als einer der ersten in Deutschland erkannt und wissenschaftlich untersucht. Die Wurzeln, Weiterentwicklungen und Konsequenzen seiner Theorien im weiten Sinne sind die wissenschaftlich-theoretische

Wir leben in der Summe unserer Erfahrungen

Ausgangsbasis der Arbeit von KMB. Dazu gehört sicherlich auch das, was Berger/Luckmann so schön mit der „gesellschaftlichen Konstruktion der Wirklichkeit“ betitelt haben. Dies beschreibt die Tatsache, dass wir zwar monaden-artige Wesen sind und in einer Konstruktion leben. Aber der ständige Umgang mit anderen, ähnlichen Wesen und deren Verhalten sowie das Leben in einer physischen Umwelt hinterlassen Spuren in unserem Verhalten. Und diese Spuren verfestigen sich zu einem Weltbild. Dieses ist immer noch eine individuelle Konstruktion, aber es spricht vieles dafür, dass dieses Weltbild Ähnlichkeiten aufweist zu den Weltbildern von Menschen mit vergleichbarem Umgang oder vergleichbarer Umwelt. Und das macht persönliche Bedeutungen verstehbarer und vorhersehbarer für uns und für andere. D.h. wir müssen viel stärker als vermutet und in privater oder professioneller Kommunikation üblich, auf die Verhaltens- und Bedeutungsgeschichten von Menschen und Gruppen sehen, um sie zu verstehen.

Vernetzte Geschichten für das Verstehen

Zeichen: Bedeutung als kulturelles Sediment

Eine weitere Quelle unserer Arbeit ist sicher aus der Gesprächsanalyse hervorgegangen. Hier lernt man sehr viel über gegenseitige Kontroll- und Steuerungsmechanismen zwischen Kommunikatoren. Diese Erkenntnisse helfen sehr bei Analysen des Kommunikationsverhalten von Gruppen, können aber auch den Fluss innerhalb elektronischer Medien wie E-Mail oder Chat erhellen. Zwischen dem sozialen Bedeutungs-Sediment individuellen und kulturellen Lernens sowie der dynamischen Bedeutungs-Aushandlung im Dialog liegt der Einsatz von Zeichen. Hier kann die moderne Zeichentheorie mit vielen Erkenntnissen aufwarten. Vernetzt mit Partner-Wissenschaften von Neurologie über Psychologie bis Soziologie kann sie weitgehende Erklärungen und verlässliche Prognosen über Bedeutungen von kulturellen und ökonomischen Zeichen liefern. Bei KMB setzen wir dabei auf eine Synthese von strukturalistischer Semiologie, die ausgezeichnet für Materialanalysen und Beschreibungen geeignet ist sowie pragmatischer Semiotik, die Funktionsmodelle bereithält. Alle unsere theoretischen Instrumente setzten wir aufgabenbezogen und interdisziplinär ein. Aber damit es mit der Zeit nicht zu einer Verrohung oder gar Verfälschung der Gedanken kommt, reflektieren wir unser Arbeiten immer wieder auf unterschiedlichen Leveln.

Unsere pragmatische Maxime: konsequent und wirkungsvoll

Abschließend kann man das KMB|Kommunikationsverständnis so zusammenfassen: Kommunikationsprozesse lassen sich verstehen, gestalten und steuern. Aber das ist keineswegs einfach: Ein intuitives, naives Laufenlassen, im Vertrauen auf die eigenen Fähigkeiten oder die von anderen, ist ebenso fatal wie ein mechanistisches ‚brute-force’ Sender-Empfänger-Denken. Wir behalten immer im Blick, dass Bedeutungen in einem Prozess des diskursiven, konstruktivistischen Aushandelns entstehen. Aber auch dass dies auf den Ablagerungen von erlebten und erlernten sozialen Bedeutungskulturen geschieht. Der Schlüssel zu diesen ist die Manifestation von Bedeutung in gemeinsam benutzten Zeichen. Schließlich handelt es sich dabei um eine dynamische Entwicklung all dieser Faktoren, die ein permanentes, zielorientiertes, wissendes „Semio-Management“ erfordern.

KMB arbeitet an Ihren Kommunikationsaufgaben unter Nutzung dieser Wissens- und Theoriebasis ganz pragmatisch, ohne Projekte und Prozesse durch einen störenden, artifiziellen intellektuellen Überbau zu belasten. Wobei wir natürlich gerne mit Ihnen gemeinsam diese Basis theoretisch vertiefen und kritisch diskutieren – wenn Interesse und Bedarf bestehen.

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