Welche Rolle wird Kommunikation im Jahr 2017 spielen? Was bedeutet Kommunikation überhaupt im Spannungsfeld von post-faktisch und Big Data? Sollten wir nicht mehr handeln und weniger reden? 2016 hat uns und unsere Weltbilder mächtig durchgerüttelt: Großbritannien geht, Trump kommt und nach 40 Jahren ist der Terror wieder vor unseren Haustüren angekommen. Viele sehen darin ein Versagen von Kommunikation, misslungene Aufklärung durch Medien, durch alle die, die es besser wissen müssten.
Moment, geht es nicht eine Nummer kleiner? Geht es uns nicht gut? Haben wir uns nicht schön eingerichtet in unseren sozialen Netzwerken, den virtuellen bei Instagram, WhatsApp und Co. und den realeren in Kiez, Co-Working und Karriere? Es ist doch gemütlich in der viel beschworenen Wahrnehmungsblase. Die Spinner sind immer die andern. Willkommen zurück in der selbstverschuldeten Unmündigkeit. Brauchen wir eine neue Aufklärung?
Sapere aude.
Habe den Mut, Dich Deines eigenen Verstandes zu bedienen. Die menschliche Notwendigkeit meine Welt als sinnhaft und sinnvoll zu erkennen ist psychologisch und ethnologisch gut belegt. Daher kommt der Drang Unbekanntes zu ergründen. Daher rührt die Befriedigung, wenn ich etwas begriffen habe. Daraus resultiert aber auch ein Wunsch nach Sinnkonstanz. Wenn alles gerade an seinen Platz gefallen ist, haben wir wenig Neigung, es gleich wieder in Frage zu stellen. Von der Lieblingsserie gibt es 12 neue Folgen im Streamingportal. Nutzern, denen das gefallen hat, gefällt auch dies. Wie schön! Die Suche nach Sinn und Sozialität sind wesentliche Kennzeichen des Menschseins.
Und Kommunikation ist die Tätigkeit, die uns mit beidem versorgt. Aber die Tücke liegt in der notwendigen Offenheit von Kommunikation. Gelingende Kommunikation erfordert per se Offenheit für die Äußerungen des Anderen, d.h. für neue Interpretationen. Dies ist aber dann immer eine Gefahr für meine gerade stabilisierte, ausbalancierte selbstzufriedene Weltsicht. Das ist – für mich – die wahre Bedeutung von sapere aude. Der Mut liegt darin, sein gerade gewonnenes Verständnis schon wieder in Frage zu stellen in der Hoffnung auf ein besseres. Wir brauchen 2017 beides: mutige, farbige, stimmige Welterzählungen und kritische Fragen dazu. Lasst uns gleich anfangen.