Die digitale Transformation scheint sich zum neuen Buzzword 2017 zu mausern. Aber was verbirgt sich hinter diesem etwas spröden Begriff? Es ist nicht nur geisteswissenschaftliche Besserwisserei, aber unsere bestimmende Sozialtechnik, die Kommunikation ist seit tausenden Jahren, seit der Erfindung der Schrift oder zumindest seit der Erfindung des Buchdrucks digital: sie arbeiten nämlich mit diskreten Einheiten. Denn nur in der Ingenieurstechnik ist Digitalisierung ein relativ junges Phänomen, wie z.B. der Hollywood-Blockbuster Apollo 13 plastisch zeigt. Da war noch alles schön analog, d.h. es gab ein kontinuierliches mehr oder weniger.
Für eine digitale Reflektion.
Was heißt das nun, wenn dieser primär technische Transfer ins Digitale als die 2017ner Aufgabe und das Heilsversprechen für Unternehmen, Verwaltung und Gesellschaft promotet wird? Wenn Karteikarten durch Datenbanken abgelöst werden, ersetzt ein digitales Medium ein anderes. Nur der physikalische Speicher wechselt vom analogen Filzstift auf Karton zum digitalen Bit auf elektronischer Platine. Alles Haarspalterei? Ich finde, es ist ein wichtiges Indiz für die Interpretationsmacht in unserer Gesellschaft. Und es sollte uns neugierig machen, welche Fragen gestellt werden und welche nicht, wenn diese Umformung unserer Arbeitswelten beobachtet, begleitet und bewertet wird. Ich werde nicht müde auf die letzte große digitale Transformation in unserer Arbeitswelt hinzuweisen, die Einführung der E-Mail. Wobei Einführung das falsche Wort ist. Kaum eine Management-Veränderung hat sich so unorganisiert und unreflektiert vollzogen, wie das Arbeiten mit der E-Mail. Technisch war und ist sie ja keine Herausforderung. Aber die organisatorischen und sozialen Auswirkungen haben uns alle überrascht. Und so ist es seitdem. Wir hetzen jeder technischen Veränderung hinterher ohne uns die Mühe zu machen – machen zu können – sie in ihren sozialen und kulturellen Auswirkungen zu reflektieren. Ich fürchte in vielen plakativen Aufrufen zur digitalen Transformation kann man vor allem die Verkaufsanstrengungen neuer Soft- und Hardware-Generationen erkennen. Und gerade nicht den Aufruf zur vorgeschalteten, gestalterischen Reflektion. Daher plädiere ich für kompetente, digitale Reflektion.