Keine Zeit. Keine Zeit – Level #1 das Problem an der Oberfläche

Keine Zeit, Stress, Überarbeitung

„Was soll ich denn noch alles tun?“

Seit über 25 Jahren betreibe ich jetzt schon Kommunikationsberatung, seit mehr als 10 Jahren als selbstständiger Unternehmer. Dabei begegne ich einem Phänomen immer häufiger. Wenn ich heute in Unternehmen Mitarbeiter und Führungskräfte nach ihrem größten Problem frage, kommt fast immer als Antwort die wachsende Überlastung. „Keine Zeit“, „Keine Zeit für die wirklich wichtigen Dinge“, „Zuviel mit sinnlosen Aktivitäten zu tun“ – so oder so ähnlich äußern sich meine Ansprechpartner. Dabei ist es egal, ob es sich um Mitarbeiter in einem Konzern, Führungskräfte bei einem Mittelständler oder Bereichsleiter in einer Behörde handelt. Selbst bei Projekten, die eigentlich nicht die Arbeitsabläufe und den Austausch unter Kollegen zum Thema haben, sondern sich z.B. um Produktneuentwicklungen, Webseiten-Gestaltung und Direkt-Marketing-Kampagnen drehen, kommt über kurz oder lang die Sprache auf die allgegenwärtige Überlastung. Die gefühlte dauernde Fremdbestimmung , die fehlende Zeit für zukunftsgerichtete, orientierende und Sinn stiftende Aktivitäten.

In Handel und Handwerk gibt es zwei interessante Varianten des Keine-Zeit-Problems. „Wir arbeiten uns arm.“ Vordergründig hat man unheimlich viel zu tun, ist gut ausgelastet und permanent bei Kunden. Aber irgendwie spiegelt sich das nicht wirklich auf den Gehaltszetteln der Mitarbeiter oder auf dem Kontostand des Inhabers wider. Wenn man sich so manchen leeren Laden in Deutschlands Fußgängerzonen ansieht, könnte man meinen, keine Zeit sollte hier nicht das größte Problem sein. Aber auch hier ist die erste Antwort auf mögliche kreative Verbesserungsvorschläge: „Was soll ich denn noch alles tun?“ Denn auf eine schwächere Besucherfrequenz mit kürzeren Öffnungszeiten zu reagieren, löst unter Umständen eine Negativspirale aus. Aber es fällt auch extrem schwer, während man eigentlich auf Kundschaft wartet, produktiv und konzentriert an anderen Aufgaben zu arbeiten. Und so ist von Servicekraft, über Produktmanager bis zum Geschäftsführer die erste Antwort, warum sie es nicht schaffen offensichtliche Mängel anzugehen – keine Zeit.

Wer nicht weiß, wohin er will, kann auch keinen ersten Schritt tun – Level #2 das eigentliche Problem

Du musst auch Nein sagen können. Du musst dich besser priorisieren. Das sind immer die ersten Tipps, die man als Überarbeiteter hört. Aber Nein wozu? Und was sind meine Prioritäten? Dabei geht es gar nicht und nicht ausschließlich um Fragen der Selbstfindung. Denn wir sind natürlich alle, – gerade im Arbeitsalltag, – in soziale Zusammenhänge eingebunden und gerade der persönliche Sinn des Lebens könnte – wie viele Geschichten aber auch handfeste soziologische und anthropologische Forschung zeigen – aus einem kollektiven Sinnangebot gerade auch des Unternehmens, in dem man arbeitet, kommen.

KMB| Shooting Zukunftsblick/Visionen

Visionen – Wo will man hin?

Aber hier schwächeln viele Unternehmen und ihre Führungskräfte. Die seit Jahrzehnten unveränderte Quintessenz der Gallup-Studien zur Mitarbeiterzufriedenheit: „Menschen verlassen Führungskräfte, nicht Unternehmen“ hat auch in Zeiten des sogenannten Fachkräftemangels nicht zu spürbaren Veränderungen geführt. Die Managementtheorie ist hier klar und einfach. Auf Basis von Werten strebt ein Unternehmen mit Strategien und Prozessen Visionen an. Aber wenn man die überarbeiteten und überlasteten Mitarbeiter nach den Werten und Visionen fragt, auf deren Basis sie ihren Arbeitsalltag managen, erntet man viel zu oft Schulterzucken. Werte und Visionen? Ein Schönwetter-Thema.

Heute sind der Schreibtisch und der Mail-Eingang voll und das nächste Meeting steht an und man ist nicht vorbereitet. Keine Zeit eben. So verfolgt jeder seine ganz persönliche Strategie. Einige orientieren sich an dem, was sie persönlich für das Richtige für ihr Unternehmen halten. Andere eher an dem, was sie für sich persönlich für das Beste halten. Wobei unklar bleibt, was kalkulierbarer für eine Unternehmensführung ist.

Keiner hört mir zu – Level #3 das eigentlich eigentliche Problem oder die Lösung

KMB| Shooting Tangram-Experiment

Tangram Experiment

Wenn ich jetzt behaupte, dass die Lösung zu den geschilderten Problemen Kommunikation ist, wird das womöglich erstmal Kopfschütteln hervorrufen. Kommunikation ist ja bestenfalls Mittel zum Zweck und scheint beim Stichwort E-Mail eher ein Teil des Problems statt der Lösung. Das liegt aber meist daran, dass das, was gemeinhin unter Kommunikation verstanden wird, das Rauschen in Meetings, der Lärm der E-Mails und die Verwirrung von juristischen Pflichtmitteilungen keine Kommunikation im eigentlichen, im wissenschaftlichen, im erkenntnistheoretisch-anthropologischen Sinn ist. Ich kann und möchte jetzt hier nicht zu weit ausholen, das habe ich schon an verschiedenen Stellen immer mal wieder getan und werde das hier bald nochmal nachholen.

In aller Kürze nur so viel: Kommunikation ist nicht irgendetwas, das ein Sender an einen Empfänger übertragen kann. Vielmehr leben wir alle, jeder für sich alleine, erstmal in einer selbst konstruierten Welt. Details dazu lesen ganz Neugierige unter dem Stichwort „radikaler Konstruktivismus“ nach. In diese individuellen Konstruktionen kann ich jetzt von außen direkt nicht eindringen. Kommunikation ist der permanente Versuch, diese subjektiven Welten von uns Individuen ab- und anzugleichen. Um damit das Leben jedes einzelnen und das Zusammenleben aller einfacher, erfolgreicher und glücklicher zu machen. Wem das jetzt eine Spur zu philosophisch oder esoterisch erscheint, für den haben wir das ganz praktisch in unserem Tangram-Experiment erfahrbar gemacht.

Erzähl mir, was Du verstanden hast, damit ich weiß, was ich gesagt habe

KMB| Shooting Flipchart

Erfolgreiche Kommunikation

Wenn man diese Grundbedingung von menschlicher Kommunikation erstmal akzeptiert hat – was ein schwieriger Prozess ist, an dem ich schon lange arbeite – gibt es aber Hoffnung. Kommunikation kann  immer wieder scheitern und wir tun gut daran, dies permanent in Rechnung zu stellen. Aber gelingende Kommunikation, das heißt Koordination von Handlungen, Angleichen von Gefühlen oder gegenseitige Inspiration von Wissen, Sichtweisen und Verhaltensweisen, ist möglich. Für unsere schnelle, stark durch wirtschaftliche Arbeitsweisen bestimmte und zunehmend technisierte Welt ergeben sich aber enorme und wachsende Herausforderungen.

Die zentralen Bedingungen für erfolgreiche Kommunikation – in aller Kürze – sind der permanente Wechsel von Sprecher und Hörer. Der ständige Versuch, sich in den anderen hinein zu versetzen, eine dauernde Variation und Wiederholung der Botschaften und ein immer wieder stattfindender Abgleich von Inhalten. Dass die Abstimmung von Weltbildern und Verhaltensweisen in früheren Zeiten, in denen sich zudem die einzelnen Lebensumstände viel stärker ähnelten, weniger häufig änderten und mehr Zeit mit deren Vermittlung zugebracht wurde, einfacher war, leuchtet wahrscheinlich ein, ist aber eine andere Geschichte, die man vertiefen kann.

KMB| Wiesbaden Jubilaeumsshooting Dosentelefon

Aktives Zuhören

Um zum Anfangsproblem zurück und langsam zum Ende zu kommen. Wir leben in einer Zeit, die durch vielfältigere Lebensumstände und heterogenere Lebenswelten eigentlich eine intensivere und bewusstere Kommunikation im Sinne des versuchten Einlassens auf den anderen notwendig macht. Der Chef muss seinem Mitarbeiter, und der Verkäufer seinem Kunden wieder mehr zu hören und vor allem versuchen, sich in diesen hinein zu versetzen. Die wachsende Zahl technischer Systeme, die uns Arbeit, auch Kommunikationsarbeit abnehmen sollen, muss viel kritischer darauf hin untersucht werden,

• ob sie den Perspektivenwechsel und das Verständnis für den anderen, eine Modifikation der Botschaft zur Verständnissicherung unterstützen und vielleicht sogar erleichtern
• welches Menschenbild in die Systeme bewusst oder unbewusst eingebaut wurde
• oder ob sie einem falschen und damit echte Kommunikation erschwerenden Bild einer vermeintlich objektiven Informationsübertragung von Sender zu Empfänger nachhängen.

„Houston, wir haben ein Problem“ – Kommunikation ist keine ‚Rocket-Science‘

Mann schüttelt Hände mit virtueller Hand

Digitale Systeme als Kommunikator?

Gerade in Zeiten, die sich ändern, die Lebensumstände und Arbeitswelten auf den Kopf stellen, und die Menge der automatischen Überschneidungen in unseren Weltsichten eher ab- als zunimmt, ist diese Absicherung in der Kommunikation unverzichtbar. Merger, Changes oder Digitalisierung müssen scheitern, wenn sie nicht durch echte, verständnisfördernde Kommunikation abgesichert werden. Wie das genau geht, würde jetzt hier den Rahmen sprengen, wir haben ja alle keine Zeit.

Aber ich möchte Ihnen noch eine Botschaft mitgeben: kommunikative Kompetenz – ein Begriff tief aus den 70er Jahren des vergangenen Jahrhundert – ist für den Erfolg einer Organisation viel relevanter als digitale Fitness, Agilität, Robustheit oder welche Buzzwörter noch gerade so durch die Medienwelt geistern. Nur mit kommunikativer Kompetenz kann es gelingen Mitarbeitern, Partnern und sich selbst ein verständiges, sinnhaftes und motivierendes Weltbild zu vermitteln. Nur kommunikative Kompetenz erschließt einem den Blick auf die eigenen Defizite persönlich und als Führungskraft. Ob und wie digitale Systeme kommunikative Kompetenz erlangen können, ist bis lang eine offene Frage.

Mehr Zeit durch mehr Kommunikation?

Wo liegt jetzt die Zeitrendite von kommunikativer Kompetenz? Möglicherweise erst in einer besseren Einsicht in eigene und fremde Defizite, die einen zu unangenehmen Konsequenzen zwingen. Aber dann folgt aus ihr mehr Klarheit, mehr Autonomie, aber auch mehr Übereinstimmung mit seiner Umwelt. Damit sinkt der Koordinations- und Beeinflussungsbedarf exponentiell. Aber leider muss man sich auch hier wieder erst die Zeit nehmen, die es braucht, um zu mehr und besserer Kommunikation zu gelangen.

KMB| Shooting Dr. Klaus M. Bernsau hört Ihnen zu

Beratung für Unternehmenskommunikation

An Unterstützung, Ideen und Hilfsmittel muss es dabei nicht mangeln – Berater wie ich bzw. Unternehmen wie meine KMB| Konzept Management und Beratung für Unternehmenskommunikation helfen sicher gerne. Aber zuerst muss die Überzeugung reifen, dass dies ein lohnendes Ziel für einen ersten Schritt ist. Und als Unternehmern müssen Sie bereit sein, einen spürbaren Teil der Zeitrendite durch bessere Kommunikation auch an ihre Mitarbeiter und Partner auszuzahlen.Sollten Sie noch nicht überzeugt sein, stehe ich gerne für weitere Kommunikationsversuche auch in anderen Medien und durch variierende Darstellungen zur Verfügung. Dazu gehört aber vor allem auch, dass ich sehr gerne Ihnen und Ihrer Sicht auf die Dinge zuhöre. Die Zeit nehme ich mir gerne. In diesem Sinne freue ich mich auf viele noch folgende Gespräche zur Öffnung unserer Weltbilder.

Literatur:

Berger/Luckmann: Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit
Hörmann: Meinen und Verstehen
Soeffner: Die Auslegung des Alltags

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